Freitag, 19. Juni 2015
Tag 1 03:50 - 03:51 (18.-.19.06.)
Der Grund, warum ich am Ramadan teilnehme, hat nichts mit Religion zu tun, sondern darum, andere Religionen und Kulturen zu verstehen. Ja, das ist ein Unterschied: ich bin nicht religiös, ich bete nicht, ich bin Agnostiker. Aber ich will andere verstehen und der Sinn hinter Ramadan ist positiv:

Jeder soll wissen, wie sich die armen Menschen fühlen, die nichts haben.

Ich beginne den Abend zuvor damit, möglichst viel zu trinken und gebe nach 1,5 Litern auf. Zu wenig, ich weiß. Als ich morgens aufwache, geht es mir noch gut. Ich putze mir die Zähne und achte penibel darauf, nichts davon zu schlucken, dusche schnell und mache mich fertig.

Mir wird gleich Kaffee und Wasser angeboten, ich lehne ab. Einige Stunden später will man mir wieder Wasser andrehen, ich lehne erneut ab. Jemand verteilt gratis Plunder, ich lehne ab. Langsam wird es anstrengend. Ich verstehe nicht ganz, warum man während des Ramadans nicht Speisen und Getränke annehmen darf, die einem geschenkt werden - jemand der arm ist, würde es sicher nicht ablehnen?

Ich bleibe standhaft und bekomme langsam Kopfschmerzen. Überall sehe ich Wasser. Und der hunger hält sich in Grenzen, aber das verlangen nach Wasser ist unglaublich. Irgendwann im Laufe des Nachmittages wird mir schwindelig. Der Kollege bietet mir eine Zigarette an - ich bin zu schwach.

Es beginnt zu regnen und ich mache mich auf den Heimweg. Es regnet in Strömen und ich denke: wenn ich jetzt die Hand ausstrecke, dann kann ich sicher den Regen trinken. Ich tue es nicht. Immerhin ist es etwas, das die Natur uns schenkt, wenn es regnet? - Aber wo dieser Brauch herkommt regnet es für geöhnlich nicht viel. Ich betrachte in Gedanken versunken die dicken, schmackhaften Regentropfen und stelle mir vor, wie es wäre, nur meine Lippen damit zu benetzen. Es wird langsam unerträglich.

Jemand rempelt mich an und hat einen Döner in der Hand. Er entschuldigt sich, doch ich möchte ihm am liebsten sein Essen stehlen und davonlaufen. Besser wäre noch eine Flasche Wasser. Wenn der erste tag schon so übel ist, wie ist es dann erst nach einem Monat??

Ich fahre nach Hause, es ist 21:45 und mein erster Griff: Wasser. Ohne zu überlegen trinke ich eine 1,5 Liter Flasche leer, nehme noch zwei Gläser Leitungswasser und mache mich dann über eine handvoll Datteln her, wie es üblich ist, um das Fasten Abends zu brechen. Nach zwei Scheiben Brot ist mir schon schlecht. Ich trinke noch einen Tee und gehe dann zu Bett.

Um 03:03 klingelt mein Wecker. Ich bin furchtbar müde und trinke gleich einige Schluck Wasser, esse ein paar Apfelschnitze und versuche, noch mehr Wasser in mich hinein zu bekommen. Ich schaffe es nicht und schlafe wieder ein. Es ist nun 03:51.

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