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Freitag, 26. Juni 2015
Tag 8 03:52 - 03:52 (25.06.-26.06.)
tashbomville, 14:42h
Seufz, ich bin schon wieder um 9 wach. Meine Mutter hat sich zum Besuch angekündigt. Als sie gegen 11 Uhr ankommt sieht sie mich an und sagt: "Das gefällt mir überhaupt nicht, wie du aussiehst. Du bist ganz blass und schlecht aus." (Na danke...) "Hör' auf mit diesem Ramadan! Außerdem hast du einen ganz üblen Atem davon." Na toll. Ich würd ja sagen, ich kau Kaugummi, aber das darf ich auch nicht. Ich spreche einfach niemanden mehr direkt an.
Ich schüttle den Kopf. "Es geht mir gut. Und außerdem habe ich mir das selbst ausgesucht. Ich habe ein höheres Ziel. Wenn es mir irgendwann schlecht gehen sollte, werde ich das abbrechen, keine Sorge." Aber es geht mir gut! Noch nie habe ich so wenig Schlaf gebraucht!
Meine beste Freundin schreibt mir, sie ist auf der Arbeit und braucht dringend Voltaren Salbe (ihr Fuß ist aus unerfindlichen Gründen geschwollen). Ich bringe meine Mutter zum Bahnhof und bringe meiner besten Freundin die Salbe. Wir unterhalten uns ein wenig über meinen bevorstehenden Umzug. Es läuft leider nicht alles, wie es sollte, aber "Ramadan karim" und es wird sich mit Sicherheit eine Lösung finden. Als ich ihr das mit dem schlechten Atem erzähle sagt sie beiläufig: "Wie gut, dass dir das deine Mutter gesagt hat." Na toll.
Ich warte, bis sie Feierabend hat und bringe sie dann zum Bahnhof, wo wir uns noch kurz bei einem Café niederlassen. Sie hat sich zu Essen und zu trinken geholt. Ich lasse meinen Blick über die anderen Gäste schweifen und entdecke ein Pärchen einige Tische weiter. Sie isst und trinkt und raucht - er tut nichts dergleichen. Liebevoll steht er auf und holt ihr Servietten, weil sie gekleckert hat. Ich denke bei mir: "So etwas würde ich nie machen. Einen Moslem als Freund haben und vor ihm essen und trinken. Das ist irgendwie... respektlos."
Meine beste Freundin hat das auch bemerkt und meint: "Ich habe auch vor dir gegessen und getrunken." Darauf entgegne ich: "Naja, wir sind auch kein Paar." Sie stimmt mir zu. Also im Prinzip - es ist doch auch gut möglich, dass er weder Durst noch Hunger hatte, aber wieso setzt man sich dann gemeinsam hin? Normalerweise bestellt man doch was aus Gemeinschaftsgefühl, und sei es ein Glas Wasser.
Ich bringe sie zum Zug und laufe dann (sehr, sehr --- SEHR langsam nach Hause). Es ist warm und der See riecht furchtbar. An diesen Geruch werde ich mich wohl nie gewöhnen - der See im Sommer. Er klingt nach Meer, wenn das Waaer gegen die Promenade plätschert, weil gerade Wind geht. Aber er riecht ganz abscheulich. Nach stehendem Gewässer eben - kein Vergleich zum Meer, das die Salzluft weit in das Land hinein trägt. Heimweh. Selten aber es geschieht doch, dass ich mich nach der Heimat sehene - oder zumindest nach dem Meer.
Als ich zu Hause angekommen bin ist es 18 Uhr. Ich schreibe einen Zettel und hänge ihn außen an die Wohnungstür: "Liebe Mitbewohner, bitte leise sein, hab mich hingelegt, mir geht's nicht so gut, vielen Dank!" Kurz bevor ich einschlafe, klingelt es an der Tür - es ist der beste Freund meines Mitbewohners. Ob er da sein. Nein ist er nicht. Er meint, dann wartet er. Umso besser, ich bin gerade nicht in der verfassung, einen Gast zu bewirten (dazu müsste ich nämlich wach bleiben, ihm etwas zu essen und zu trinken vorsetzen und mich mit ihm unterhalten - das schaff ich nicht). Ich schlafe durch bis 21 Uhr.
Mein Mitbewohner und seine "Freundin" sind in der Küche. Sie hat ein unglaublich lautes Organ. Er hat gerade seine (!) Teller usw gespült. Vertehe ich nicht. Ich spreche ihn darauf an, warum er nicht gleich alles spült, seine Aussage daraufhin ist: "Weil ich nur meinen Dreck wegmache". Versteh ich auch nicht. Ich sage: "Also wenn ich das nächste Mal putze, soll ich deinen Dreck liegenlassen? Seit Februar hast du einmal hier drin die Küche staubgesaugt. Findest du das fair?" Er meinte, es sei nicht dreckig. Daraufhin informiere ich ihn, dass meine Mitbewohnerin und ich drei Wochen nicht geputzt hatten, um zu sehen, wann er es denn für dreckig genug halten würde - er meinte, er fände es nicht so dreckig. Natürlich nicht, ich habe ja auch am Montag geputzt, weil ich es nicht ausgehalten habe. Nun will er einen Putzplan. Nun gut, darüber können wir uns gerne zu dritt noch unterhalten. Ich informiere ihn auch über meinen Auszug und meinen Plan, meine Möbel vorerst hier zu lassen und jemanden zur Zwischenmiete zu suchen. Natürlich schlägt er seinen besten Freund vor, allein bei der Vorstellung, dass er in meinem Bett schläft und meine Möbel benutzt, graust es mich. Ich will jemanden, der sauber ist. Leider hat die Freundin, der ich das vorgeschlagen habe, kein Interesse daran.
Ich seufze. Eine Diskussion ist mir gerade zu anstrengend, wir verschieben alles auf unbestimmte Zeit, wenn wir mal alle drei anwesend sind.
Er sagt: "Du darfst gleich essen!" Ich nicke. Es ist schön, so unterstützt zu werden. Ich mache wieder kein dschimus (es wäre einfach zu viel!)
Stattdessen esse ich den Obstsalat bestehend aus 1 Banane, 1/2 Birne, einigen Kirschen, 1/2 Apfel, 1/2 Kiwi, 1 Nektarine und Mangosaft (ich hatte keinen Zitronensaft da - aber es schmeckt so viel besser)
Und eine große tasse Mocca! War ein Fehler. Ich liege bis 4 Uhr Morgens wach, wodurch ich allerdings meine Flüssigkeitszufuhr besser regulieren kann.
Ich bekomme auch eine wahnsinnige Unterstützung von Facebook - mehrere Stunden schreibe ich mit einem Herrn aus Kairo (dort sind die Fastenzeiten wirklich utopisch). Er bewundert es, dass ich das durchziehe, denn er stehe es nur durch seine religiöse Motivation durch. Dann erkennt er selbst: "Aber du hast auch eine Motivation."
Das stimmt. Aber ich glaube auch, dass ich dieses Experiment nur deswegen machen kann, weil ich eben nicht gläubig oder religiös bin. Ich verrate keine Doktrin, keine Regeln oder Gesetze werden gebrochen, wenn ich das mache. Ich folge nur meinen eigenen Prinzipien und Ideologien, das macht es um einiges einfacher.
Bitte teilt diesen Blog und erzählt allen davon - je mehr Menschen dieser Blog und dieses Experiment erreicht, desto mehr Menschen denken vielleicht über ihre Ansichten nach. ich hoffe es.
Ich schüttle den Kopf. "Es geht mir gut. Und außerdem habe ich mir das selbst ausgesucht. Ich habe ein höheres Ziel. Wenn es mir irgendwann schlecht gehen sollte, werde ich das abbrechen, keine Sorge." Aber es geht mir gut! Noch nie habe ich so wenig Schlaf gebraucht!
Meine beste Freundin schreibt mir, sie ist auf der Arbeit und braucht dringend Voltaren Salbe (ihr Fuß ist aus unerfindlichen Gründen geschwollen). Ich bringe meine Mutter zum Bahnhof und bringe meiner besten Freundin die Salbe. Wir unterhalten uns ein wenig über meinen bevorstehenden Umzug. Es läuft leider nicht alles, wie es sollte, aber "Ramadan karim" und es wird sich mit Sicherheit eine Lösung finden. Als ich ihr das mit dem schlechten Atem erzähle sagt sie beiläufig: "Wie gut, dass dir das deine Mutter gesagt hat." Na toll.
Ich warte, bis sie Feierabend hat und bringe sie dann zum Bahnhof, wo wir uns noch kurz bei einem Café niederlassen. Sie hat sich zu Essen und zu trinken geholt. Ich lasse meinen Blick über die anderen Gäste schweifen und entdecke ein Pärchen einige Tische weiter. Sie isst und trinkt und raucht - er tut nichts dergleichen. Liebevoll steht er auf und holt ihr Servietten, weil sie gekleckert hat. Ich denke bei mir: "So etwas würde ich nie machen. Einen Moslem als Freund haben und vor ihm essen und trinken. Das ist irgendwie... respektlos."
Meine beste Freundin hat das auch bemerkt und meint: "Ich habe auch vor dir gegessen und getrunken." Darauf entgegne ich: "Naja, wir sind auch kein Paar." Sie stimmt mir zu. Also im Prinzip - es ist doch auch gut möglich, dass er weder Durst noch Hunger hatte, aber wieso setzt man sich dann gemeinsam hin? Normalerweise bestellt man doch was aus Gemeinschaftsgefühl, und sei es ein Glas Wasser.
Ich bringe sie zum Zug und laufe dann (sehr, sehr --- SEHR langsam nach Hause). Es ist warm und der See riecht furchtbar. An diesen Geruch werde ich mich wohl nie gewöhnen - der See im Sommer. Er klingt nach Meer, wenn das Waaer gegen die Promenade plätschert, weil gerade Wind geht. Aber er riecht ganz abscheulich. Nach stehendem Gewässer eben - kein Vergleich zum Meer, das die Salzluft weit in das Land hinein trägt. Heimweh. Selten aber es geschieht doch, dass ich mich nach der Heimat sehene - oder zumindest nach dem Meer.
Als ich zu Hause angekommen bin ist es 18 Uhr. Ich schreibe einen Zettel und hänge ihn außen an die Wohnungstür: "Liebe Mitbewohner, bitte leise sein, hab mich hingelegt, mir geht's nicht so gut, vielen Dank!" Kurz bevor ich einschlafe, klingelt es an der Tür - es ist der beste Freund meines Mitbewohners. Ob er da sein. Nein ist er nicht. Er meint, dann wartet er. Umso besser, ich bin gerade nicht in der verfassung, einen Gast zu bewirten (dazu müsste ich nämlich wach bleiben, ihm etwas zu essen und zu trinken vorsetzen und mich mit ihm unterhalten - das schaff ich nicht). Ich schlafe durch bis 21 Uhr.
Mein Mitbewohner und seine "Freundin" sind in der Küche. Sie hat ein unglaublich lautes Organ. Er hat gerade seine (!) Teller usw gespült. Vertehe ich nicht. Ich spreche ihn darauf an, warum er nicht gleich alles spült, seine Aussage daraufhin ist: "Weil ich nur meinen Dreck wegmache". Versteh ich auch nicht. Ich sage: "Also wenn ich das nächste Mal putze, soll ich deinen Dreck liegenlassen? Seit Februar hast du einmal hier drin die Küche staubgesaugt. Findest du das fair?" Er meinte, es sei nicht dreckig. Daraufhin informiere ich ihn, dass meine Mitbewohnerin und ich drei Wochen nicht geputzt hatten, um zu sehen, wann er es denn für dreckig genug halten würde - er meinte, er fände es nicht so dreckig. Natürlich nicht, ich habe ja auch am Montag geputzt, weil ich es nicht ausgehalten habe. Nun will er einen Putzplan. Nun gut, darüber können wir uns gerne zu dritt noch unterhalten. Ich informiere ihn auch über meinen Auszug und meinen Plan, meine Möbel vorerst hier zu lassen und jemanden zur Zwischenmiete zu suchen. Natürlich schlägt er seinen besten Freund vor, allein bei der Vorstellung, dass er in meinem Bett schläft und meine Möbel benutzt, graust es mich. Ich will jemanden, der sauber ist. Leider hat die Freundin, der ich das vorgeschlagen habe, kein Interesse daran.
Ich seufze. Eine Diskussion ist mir gerade zu anstrengend, wir verschieben alles auf unbestimmte Zeit, wenn wir mal alle drei anwesend sind.
Er sagt: "Du darfst gleich essen!" Ich nicke. Es ist schön, so unterstützt zu werden. Ich mache wieder kein dschimus (es wäre einfach zu viel!)
Stattdessen esse ich den Obstsalat bestehend aus 1 Banane, 1/2 Birne, einigen Kirschen, 1/2 Apfel, 1/2 Kiwi, 1 Nektarine und Mangosaft (ich hatte keinen Zitronensaft da - aber es schmeckt so viel besser)
Und eine große tasse Mocca! War ein Fehler. Ich liege bis 4 Uhr Morgens wach, wodurch ich allerdings meine Flüssigkeitszufuhr besser regulieren kann.
Ich bekomme auch eine wahnsinnige Unterstützung von Facebook - mehrere Stunden schreibe ich mit einem Herrn aus Kairo (dort sind die Fastenzeiten wirklich utopisch). Er bewundert es, dass ich das durchziehe, denn er stehe es nur durch seine religiöse Motivation durch. Dann erkennt er selbst: "Aber du hast auch eine Motivation."
Das stimmt. Aber ich glaube auch, dass ich dieses Experiment nur deswegen machen kann, weil ich eben nicht gläubig oder religiös bin. Ich verrate keine Doktrin, keine Regeln oder Gesetze werden gebrochen, wenn ich das mache. Ich folge nur meinen eigenen Prinzipien und Ideologien, das macht es um einiges einfacher.
Bitte teilt diesen Blog und erzählt allen davon - je mehr Menschen dieser Blog und dieses Experiment erreicht, desto mehr Menschen denken vielleicht über ihre Ansichten nach. ich hoffe es.
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Freitag, 26. Juni 2015
Tag 7 03:52 - 03:51 (24.06.-25.06.)
tashbomville, 00:42h
Ich bin schon um 9 wach, wieso nur bin ich so früh wach? Mein Hals ist ein wenig besser, ich räume ein wenig das Zimmer auf, weil ein Freund nachher vorbei kommen will, um seine Uni Bewerbungen zu machen.
Kurz gehe ich an den Kühlschrank und sehe hinein. Wir haben alles im Überfluss. Wir haben so viel von allem, ich kann mich kaum erinnern, wie oft wir schon schimmlige Zucchini wegwerfen mussten. Der Kühlschrank voll, der Tiefkühler voll. Falls mal jemand Hunger hat und keine Lust zu kochen hat. Teures Essen, für die faulen Menschen - oder für die, die keine Zeit haben.
Er kommt äußerst spät. mir ist schon wieder so langweilig - was habe ich eigentlich den ganzen Vormittag gemacht? Wir füllen die Online-Bewerbungen der Unis aus und diskutieren, ob er die Anforderungen erfüllt. Meine Mitbewohnerin kommt nach Hause und geht mit einer gemeinsamen Freundin joggen, sie fragt, ob wir mit dem Fahrrad mitkommen wollen. Ich halte das ja für keine so gute Idee mit dem Fasten und den Halsschmerzen, aber er will mit, also füge ich mich. Es ist äußerst entspannend, durch den Wald zu fahren und den Kopf frei zu bekommen. Die Luft, die Vögel, die Mücken... die Fliegen. Ich drehe mich um, um ihm etwas zuzurufen, in dem Moment, als ich den Mund aufmache, macht es bssst... flupp - und die Fliege landet unabsichtlich in meinem Magen. Oh nein! Ich habe eine Fliege verschluckt! Davon abgesehen, dass es unglaublich widerlich ist - habe ich jetzt damit das Fasten unterbrochen? Wenn wir schon dabei sind - der Mensch verschluckt 2 Spinnen pro Jahr im Schlaf - was, wenn ich sie Nachts nach 3:51 Uhr verschlucke? Ich rufe ihm zu: "Ich habe eine Fliege verschluckt! Ist das jetzt haram?" Er lacht und sagt ja. Oh weia. Die Mädels kommen lachen und lachen sich scheckig. Ich finde das weniger witzig. Da sagt eine von beiden: "Jetzt hast du gegessen, jetzt kannst du das auch bleiben lassen für heute."
An einer Stelle dürfen wir mit dem Fahrrad nicht weiter. Die Damen joggen weiter und wir beiden fahren mit dem Fahrrad wieder zurück. Dazwischen ist ein ziemlich langer und steiler Berg - downhill zu fahren ist gigantisch... zurück eher nicht so. Oben angekommen wird mir schwindelig. Er sagt: "Pause?" Ich nicke. Er fragt: "Warum machst du Ramadan? Du kannst was trinken. Du musst nicht fasten. Das ist dumm." Wie soll ich ihm das erklären, was ich mache? Die Strecke über bin ich still, bis wir fast zu Hause sind. Dann sage ich ihm: "Ich wünsche mir eine Welt, in der niemand diskriminiert wird für seine Religion oder seine Anschauungen. Wo die Menschen einander verstehen, akzeptieren und respektieren. Ich will zeigen, dass man andere nur verstehen kann, wenn man Dinge selbst ausprobiert. Toleranz ist nicht etwas, das man einfach so hat, man muss es lernen. Und ich will gegen jeden einzelnen engstirnigen Menschen ankämpfen. Findest du das immer noch dumm?" Er lächelt. "Ja." Ich weiß, wenn er dürfte, würde er mich nun in den Arm nehmen (kein Körper Kontakt im ramadan).
Ich koche Linsensuppe (vorher waren wir noch schnell einkaufen) und er will, dass ich dschimus mache (so eine Art Rührei, würde ich mal sagen) aber ich weiß nicht, wie ich das alles essen soll. Dann mache ich noch Obstsalat. Naja gut, eigentlich andersrum (auch egal, jetzt). Jedenfalls sagt er, ich soll die Linsensuppe pürieren, weil das dann besser schmeckt. An sich ist das Quatsch - eine Birne schmeckt immer nach Birne, egal ob in Würfeln, in Scheiben oder am Stück. Aber gut. Wir kabbeln uns ein wenig und ich muss grinsen. "Warum bist du so stur?" Er meint: "DU bist stur." Da antworte ich keck: "Ich bin Ausländer, ich darf das." Er grinst wieder.
Die beiden Mädels sind essen gefahren. Was mache ich eigentlich mit der Torte? Ich gebe ihm Obstsalat mit (weil zu viel) und will ihm auch Torte mitgeben, aber er will nicht. Er meint, er sei kein kleines Kind.
Als er geht, habe ich noch 1,5 äußerst lange Stunden bis zum Iftar.
3 Datteln
2 Schüsseln Linsensuppe
3 Scheiben Brot (Ja ich weiß)
1 Stück Torte
Kein "Frühstück". Ich mache morgens den Wecker aus und schlafe einfach weiter, trinke aber noch ordentlich Wasser. Auf einen neuen Tag!
Kurz gehe ich an den Kühlschrank und sehe hinein. Wir haben alles im Überfluss. Wir haben so viel von allem, ich kann mich kaum erinnern, wie oft wir schon schimmlige Zucchini wegwerfen mussten. Der Kühlschrank voll, der Tiefkühler voll. Falls mal jemand Hunger hat und keine Lust zu kochen hat. Teures Essen, für die faulen Menschen - oder für die, die keine Zeit haben.
Er kommt äußerst spät. mir ist schon wieder so langweilig - was habe ich eigentlich den ganzen Vormittag gemacht? Wir füllen die Online-Bewerbungen der Unis aus und diskutieren, ob er die Anforderungen erfüllt. Meine Mitbewohnerin kommt nach Hause und geht mit einer gemeinsamen Freundin joggen, sie fragt, ob wir mit dem Fahrrad mitkommen wollen. Ich halte das ja für keine so gute Idee mit dem Fasten und den Halsschmerzen, aber er will mit, also füge ich mich. Es ist äußerst entspannend, durch den Wald zu fahren und den Kopf frei zu bekommen. Die Luft, die Vögel, die Mücken... die Fliegen. Ich drehe mich um, um ihm etwas zuzurufen, in dem Moment, als ich den Mund aufmache, macht es bssst... flupp - und die Fliege landet unabsichtlich in meinem Magen. Oh nein! Ich habe eine Fliege verschluckt! Davon abgesehen, dass es unglaublich widerlich ist - habe ich jetzt damit das Fasten unterbrochen? Wenn wir schon dabei sind - der Mensch verschluckt 2 Spinnen pro Jahr im Schlaf - was, wenn ich sie Nachts nach 3:51 Uhr verschlucke? Ich rufe ihm zu: "Ich habe eine Fliege verschluckt! Ist das jetzt haram?" Er lacht und sagt ja. Oh weia. Die Mädels kommen lachen und lachen sich scheckig. Ich finde das weniger witzig. Da sagt eine von beiden: "Jetzt hast du gegessen, jetzt kannst du das auch bleiben lassen für heute."
An einer Stelle dürfen wir mit dem Fahrrad nicht weiter. Die Damen joggen weiter und wir beiden fahren mit dem Fahrrad wieder zurück. Dazwischen ist ein ziemlich langer und steiler Berg - downhill zu fahren ist gigantisch... zurück eher nicht so. Oben angekommen wird mir schwindelig. Er sagt: "Pause?" Ich nicke. Er fragt: "Warum machst du Ramadan? Du kannst was trinken. Du musst nicht fasten. Das ist dumm." Wie soll ich ihm das erklären, was ich mache? Die Strecke über bin ich still, bis wir fast zu Hause sind. Dann sage ich ihm: "Ich wünsche mir eine Welt, in der niemand diskriminiert wird für seine Religion oder seine Anschauungen. Wo die Menschen einander verstehen, akzeptieren und respektieren. Ich will zeigen, dass man andere nur verstehen kann, wenn man Dinge selbst ausprobiert. Toleranz ist nicht etwas, das man einfach so hat, man muss es lernen. Und ich will gegen jeden einzelnen engstirnigen Menschen ankämpfen. Findest du das immer noch dumm?" Er lächelt. "Ja." Ich weiß, wenn er dürfte, würde er mich nun in den Arm nehmen (kein Körper Kontakt im ramadan).
Ich koche Linsensuppe (vorher waren wir noch schnell einkaufen) und er will, dass ich dschimus mache (so eine Art Rührei, würde ich mal sagen) aber ich weiß nicht, wie ich das alles essen soll. Dann mache ich noch Obstsalat. Naja gut, eigentlich andersrum (auch egal, jetzt). Jedenfalls sagt er, ich soll die Linsensuppe pürieren, weil das dann besser schmeckt. An sich ist das Quatsch - eine Birne schmeckt immer nach Birne, egal ob in Würfeln, in Scheiben oder am Stück. Aber gut. Wir kabbeln uns ein wenig und ich muss grinsen. "Warum bist du so stur?" Er meint: "DU bist stur." Da antworte ich keck: "Ich bin Ausländer, ich darf das." Er grinst wieder.
Die beiden Mädels sind essen gefahren. Was mache ich eigentlich mit der Torte? Ich gebe ihm Obstsalat mit (weil zu viel) und will ihm auch Torte mitgeben, aber er will nicht. Er meint, er sei kein kleines Kind.
Als er geht, habe ich noch 1,5 äußerst lange Stunden bis zum Iftar.
3 Datteln
2 Schüsseln Linsensuppe
3 Scheiben Brot (Ja ich weiß)
1 Stück Torte
Kein "Frühstück". Ich mache morgens den Wecker aus und schlafe einfach weiter, trinke aber noch ordentlich Wasser. Auf einen neuen Tag!
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Mittwoch, 24. Juni 2015
Tag 6 03:52 - 03:51 (23.06.-24.06.)
tashbomville, 14:19h
Jup, morgens um 7 will die Torte wieder raus. Zu viel fett und zu viel zucker - offensichtlich. Ich lege mich wieder ins Gästebett und die Katzen meiner Eltern schlafen mit mir auf dem Bett (keine Chance, die beiden los zu werden). Eine Stunde später springt das Weibchen auf den Boden und ich sage: "hrm..." sie antwortet "murr". Alles klar.
Als ich aufwache habe ich üble Halsschmerzen, mal wird's besser, mal schlechter. Naja im Prinzip heißt es, dass Kranke nicht fasten MÜSSEN, nicht, dass sie es nicht dürfen.
Die Schmerzen nehmen zu und ich gehe zum Arzt. Vier Stunden später bin ich bis Ende der Woche krankgeschrieben.
Ich schaue eine Serie, gehe Lebensmittel einkaufen und fahre dann zurück nach Hause, als meine Mutter zur Arbeit muss. Da ich nun frei habe und meine Gedanken sortieren kann, ist es Zeit, ein paar Dinge klarzustellen:
Ich bin nich religiös, ich bin auch nicht gläubig, doch ich respektiere und akzeptiere alle, die religiös sind und an etwas glauben, das ihr Leben schöner macht. Doch Respekt und Akzeptanz funktionieren nur, wenn man die Dinge selbst einmal ausprobiert. Und am Islam hat mich der Ramadan schon immer am Meisten fasziniert und irritiert - wie kann es gesund sein, so lange Zeit nichts zu trinken? Der Trick: ehrlich gesagt trinke ich jetzt mehr, als vorher. Über Nacht nehme ich etwa 3Liter Flüssigkeit auf - sonst habe ich höchstens 5 Tassen Kaffee am Tag getrunken. Kein Wasser. Mit dem Hunger lässt es sich locker aushalten.
Aber was noch viel wichtiger ist: man beginnt, anders zu denken! Ich habe zu einem Moslem gesagt: "Ich denke manchmal, ich möchte jemand anderem sein Trinken stehlen und damit davon rennen" Und er sagt: "Ich denke anders. Ich habe nicht das Recht, etwas zu Essen oder zu trinken. Ich muss Fasten". Und das ist vermutlich noch DER Unterschied, den ich trotz Experiment nicht begreifen werde: ich faste freiwillig. Er muss. Vermutlich bin ich deswegen nicht religiös: das sind mir viel zu viele Regeln, an die man denken muss. Sollte ich beispielsweise meine Tage bekommen, muss ich das Fasten unterbrechen und die fehlende Woche hinten anhängen! Weil Freuen, die Bluten, unrein sind.
Ich sehe, nun da ich frei habe, auch viele Dinge anders. Während des Fastens ist man Abstinent - in jeglicher Hinsicht. Kein Kontakt zum anderen Geschlecht, keine Flüche, keine schlechten Gedanken. Wie oft ich in den letzten Tagen gedacht habe: "Idiot!" Und wieviel öfter ich es denke, wenn ich nicht faste.
Das Essen und Trinken zu unterlassen, ist noch das Einfachste von all den Dingen. Am Mittag sagte meine Mutter: "Wie machst du das? Du riechst doch jetzt das Hähnchen aus der Küche, oder nicht?" Ich nicke. "Und wie machst du das, dass du jetzt nichts isst?" Ich antworte: "Beherrschung."
Als ich zu Hause bin, kehre ich ersteinmal die Küche. Ich muss mich beschäftigen. Wasche Bettwäsche, sortiere Küchenschränke neu ein, spiele ein wenig mit dem handy - und dann kommt die Langeweile. Die Langeweile ist der üble Feind des Ramadan, wird mir nun bewusst. Ich will rauchen. Ich will essen. Und vor allen Dingen will ich einen Kaffee!
Ziellos tigere ich durch die Wohnung und beschliesse dann, mich ein wenig hinzulegen - doch kaum kommt der gnädige Schlaf, geht auch das getrampel meiner Nachbarn los. Meine Mitbewohnerin kommt nach Hause. ABLENKUNG! Egal, was sie macht, ich renne ihr hinterher und texte sie zu. Egal was. Hauptsache nicht denken. Sie ist sicher furchtbar genervt von mir. Unser Mitbewohner kommt nach Hause und macht sich etwas zu essen (ichwillauch) und geht später.
Wir schauen eine Serie an. Sie essen, sie haben Sex und die Serie ist öde und langweilig. Und unübersichtlich. Sie hat mehr Soap-Charakter als sonst einen Charakter. So viel unnötiges Drama! Alle zwei Minuten sehe ich auf die Uhr. Es muss doch jetzt so weit sein? (noch nicht) Aber jetzt! (noch nicht) Aber jetzt! Es ist zum verrückt werden.
Wie gut, dass unsere Küchenuhr vor geht. 3 Minuten länger hätte ich es nicht ausgehalten, denn vor uns stand je eine Portion:
gefüllter kalamares (mit einer Hand voll Reis)
Sushi (so 6 Stück oder so)
3 Datteln
und meine Suppe
Kurz denke ich darüber nach, einen Obstsalat für das Frühstück zu machen, doch ich lasse es bleiben.
Es gibt noch ein Stück Mohnkuchen, after Eight Torte und Schokomarmorkuchen. Die Torte schaff ich nicht zum Frühstück. Aber die beiden Kuchen schon. Ich nehme zwei Schmerztabletten und schlafe dann ein. Diesmal mit genug Wasser im Bauch.
Als ich aufwache habe ich üble Halsschmerzen, mal wird's besser, mal schlechter. Naja im Prinzip heißt es, dass Kranke nicht fasten MÜSSEN, nicht, dass sie es nicht dürfen.
Die Schmerzen nehmen zu und ich gehe zum Arzt. Vier Stunden später bin ich bis Ende der Woche krankgeschrieben.
Ich schaue eine Serie, gehe Lebensmittel einkaufen und fahre dann zurück nach Hause, als meine Mutter zur Arbeit muss. Da ich nun frei habe und meine Gedanken sortieren kann, ist es Zeit, ein paar Dinge klarzustellen:
Ich bin nich religiös, ich bin auch nicht gläubig, doch ich respektiere und akzeptiere alle, die religiös sind und an etwas glauben, das ihr Leben schöner macht. Doch Respekt und Akzeptanz funktionieren nur, wenn man die Dinge selbst einmal ausprobiert. Und am Islam hat mich der Ramadan schon immer am Meisten fasziniert und irritiert - wie kann es gesund sein, so lange Zeit nichts zu trinken? Der Trick: ehrlich gesagt trinke ich jetzt mehr, als vorher. Über Nacht nehme ich etwa 3Liter Flüssigkeit auf - sonst habe ich höchstens 5 Tassen Kaffee am Tag getrunken. Kein Wasser. Mit dem Hunger lässt es sich locker aushalten.
Aber was noch viel wichtiger ist: man beginnt, anders zu denken! Ich habe zu einem Moslem gesagt: "Ich denke manchmal, ich möchte jemand anderem sein Trinken stehlen und damit davon rennen" Und er sagt: "Ich denke anders. Ich habe nicht das Recht, etwas zu Essen oder zu trinken. Ich muss Fasten". Und das ist vermutlich noch DER Unterschied, den ich trotz Experiment nicht begreifen werde: ich faste freiwillig. Er muss. Vermutlich bin ich deswegen nicht religiös: das sind mir viel zu viele Regeln, an die man denken muss. Sollte ich beispielsweise meine Tage bekommen, muss ich das Fasten unterbrechen und die fehlende Woche hinten anhängen! Weil Freuen, die Bluten, unrein sind.
Ich sehe, nun da ich frei habe, auch viele Dinge anders. Während des Fastens ist man Abstinent - in jeglicher Hinsicht. Kein Kontakt zum anderen Geschlecht, keine Flüche, keine schlechten Gedanken. Wie oft ich in den letzten Tagen gedacht habe: "Idiot!" Und wieviel öfter ich es denke, wenn ich nicht faste.
Das Essen und Trinken zu unterlassen, ist noch das Einfachste von all den Dingen. Am Mittag sagte meine Mutter: "Wie machst du das? Du riechst doch jetzt das Hähnchen aus der Küche, oder nicht?" Ich nicke. "Und wie machst du das, dass du jetzt nichts isst?" Ich antworte: "Beherrschung."
Als ich zu Hause bin, kehre ich ersteinmal die Küche. Ich muss mich beschäftigen. Wasche Bettwäsche, sortiere Küchenschränke neu ein, spiele ein wenig mit dem handy - und dann kommt die Langeweile. Die Langeweile ist der üble Feind des Ramadan, wird mir nun bewusst. Ich will rauchen. Ich will essen. Und vor allen Dingen will ich einen Kaffee!
Ziellos tigere ich durch die Wohnung und beschliesse dann, mich ein wenig hinzulegen - doch kaum kommt der gnädige Schlaf, geht auch das getrampel meiner Nachbarn los. Meine Mitbewohnerin kommt nach Hause. ABLENKUNG! Egal, was sie macht, ich renne ihr hinterher und texte sie zu. Egal was. Hauptsache nicht denken. Sie ist sicher furchtbar genervt von mir. Unser Mitbewohner kommt nach Hause und macht sich etwas zu essen (ichwillauch) und geht später.
Wir schauen eine Serie an. Sie essen, sie haben Sex und die Serie ist öde und langweilig. Und unübersichtlich. Sie hat mehr Soap-Charakter als sonst einen Charakter. So viel unnötiges Drama! Alle zwei Minuten sehe ich auf die Uhr. Es muss doch jetzt so weit sein? (noch nicht) Aber jetzt! (noch nicht) Aber jetzt! Es ist zum verrückt werden.
Wie gut, dass unsere Küchenuhr vor geht. 3 Minuten länger hätte ich es nicht ausgehalten, denn vor uns stand je eine Portion:
gefüllter kalamares (mit einer Hand voll Reis)
Sushi (so 6 Stück oder so)
3 Datteln
und meine Suppe
Kurz denke ich darüber nach, einen Obstsalat für das Frühstück zu machen, doch ich lasse es bleiben.
Es gibt noch ein Stück Mohnkuchen, after Eight Torte und Schokomarmorkuchen. Die Torte schaff ich nicht zum Frühstück. Aber die beiden Kuchen schon. Ich nehme zwei Schmerztabletten und schlafe dann ein. Diesmal mit genug Wasser im Bauch.
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