Samstag, 11. Juli 2015
Tag 23 04:02 - 04:01 (10.07.-11.07.)
Hallo liebe Leser und Leserinnen.

Zunächst einmal vielen lieben Dank an alle, die mich unterstützt haben und mitlesen. Und ein kleines Entschuldigung dafür, dass ich heute vermutlich ziemlichen Stuss absondern werde - ich habe mega Kopfschmerzen (vom Wetterwechsel schätze ich) und es ist jedesmal ein mentaler Kraftakt, die Tage auseinander zu halten, denn ich schreibe einen Tag retrospektiv - ich habe mir zwar mittlerweilen einen schönen Kalender zugelegt und notiere immer Stichwörter, es hindert mich aber nicht daran, Dinge zu verwechseln.

Meine Mitbewohnerin hat mittlerweile Frühschicht - ich bringe sie also morgens um halb sechs zur Arbeit (mein Wecker klingelt übrigens morgens wieder um 03:30, damit ich trinken kann). Mein Darm grummelt ganz furchtbar. Da ich ein paar Tage nicht auf der Toilette war, habe ich in der Nacht eine ganze Packung getrocknete Feigen verdrückt. Ich schaffe es glücklicherweise rechtzeitig nach Hause.

Und in der Tat ist die Muse zu mir zurückgekehrt und ich schreibe 12 Seiten meines Romans. Dann lege ich mich kurz hin - nach zwei Stunden gebe ich den Schlaf auf, da meine Nachbarn mal wieder unglaublich leichtfüßig sind, gehe duschen und laufe los, um meine Mitbewohnerin wieder abzuholen.

Unterwegs begegnet mir eine Braut mit blauen Haaren. "Huch" denke ich so bei mir. "Wie seltsam" und ihr nach folgen: Spiderman, der Joker, der Pinguin, Superman und ich fange an zu kichern. Sehr schön. Sowas will ich auch mal machen.

Auf dem Rückweg holen wir uns noch Tickets für "Ein Sommernachtstraum". Und ich habe heute einen wahnsinnigen Hunger. Er ist unerträglich, wirklich.

Abends laufen meine beste Freundin, der euch nun schon bekannte Freund und ich an einem Restaurant vorbei. Vor der Tür steht ein äußerst griesgrämiger Mann. Einer von denen, deren Mundwinkel schon verraten, dass er kein einfacher Mensch ist - sowie seine Partnerin. Lauthals meckert er: "Ich versteh das mit dem Ramadan nicht. Was soll denn das? Und nichts trinken den ganzen Tag!" Ich bleibe stehen und starre die beiden an. Er dreht sich weg und sagt: "Nichtmal darüber reden darf man hier" (meckermeckermecker).

"Wenn Sie möchten, erkläre ich Ihnen das gerne mit dem Ramadan." Er will schon wieder ausholen, doch dann flüchtet er lieber. Seine Frau/Partnerin allerdings unterhält sich nett mit mir, während er um uns herumtigert. Hin und wieder höre ich ein: "moslem" oder "blöder Islam". Dann sage ich: "Wissen Sie, Menschen wie Sie sind der Grund, warum ich das mache. Ich bin keine Muslima. Ich glaube an keinen Gott. Aber ich respektiere jeden Menschen. Es geht hier um viel mehr, als das, was Sie sehen wollen. Wieso befassen Sie sich nicht einfach mal mit der Materie, bevor Sie lauthals herausschreien, dass Sie es nicht verstehen? Warum tun Sie da nichts dagegen?" Darauf weiß er auch keine Antwort. Wir gehen weiter, nachdem ich Ihnen genug Zeit gegeben habe, sich Gedanken zu machen, ob sie kontern möchten. Möchten sie nicht. Und ich glaube, dass ich meinen Freunden peinlich bin.

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Freitag, 10. Juli 2015
Tag 22 04:02 - 04:01 (09.07.-10.07.)
Meine Mitbewohnerin kommt auf die grandiose Idee, nach dem Besuch ihrer Großmutter in die Therme zu gehen. Das Wetter ist ohnehin nicht das beste und dort ist es wenigstens warm. Außerdem haben wir noch einige Gutscheine.

Ja ich weiß, das dürfte ich eigentlich nicht, während des Ramadan - schwimmen gehen. Aber als Frau dürfte ich sowieso nicht im Bikini schwimmen gehen als strenggläubige Muslima - und mir ist unglaublich langweilig. Wir betreten die Sauna, da sagt ein Mitarbeiter zu mir, ich müsse hier nackt sein. Was? Niemals! Fluchtartig verlasse ich den Bereich wieder, meine Mitbewohnerin wollte sich das zwar unbedingt ansehen, weil es renoviert wurde, aber das ist es mir nicht wert. Mein Körper ist doch kein Kunstobjekt, das von Fremden begafft werden kann!

Wir gehen im warmen Wasser entspannen. Schwimmen. Paddeln von eiem Massagestrahl zum nächsten. Dann sage ich: "Du. Mir ist langweilig. Wir sind doch sicher schon 2,5 Stunden hier?" Sie schaut auf die Uhr und seufzt. "Nein. Es ist nicht einmal eine". Am Beckenrand gehen die Massageströme wieder los und überall sehe ich knutschende Pärchen. Ich bin mir nicht sicher warum, aber es ist ekelerregend. Es sind nicht einfache Küsse auf den Mund. Es sind jene lauten, schmatzenden, die Mandeln des anderen erkundenden, Zungenküsse. Haben die kein Zuhause? Wir lästern eine Weile über dieses schamlose Pärchenvolk und beschließen dann, ins Solarium zu gehen. 16 Minuten später habe ich endlich mal eine dem Sommer entsprechende Hautfarbe. Bis auf den Po. Der ist weiß. Elfenbein. Oder ... cremefarben. Ja das passt. Cremefarben.

Auf dem Heimweg noch mehr Hollywood-Kuss-Schmatzende Menschen. Widerlich. Sowas habe ich nie gemacht. Dafür gibt es ja wohl Schlafzimmer. Hallo??? ES IST RAMADAN! :)

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Donnerstag, 9. Juli 2015
Tag 21 04:00 - 04:01 (08.07.-09.07.)
Die Oma meiner besten Freundin liegt wegen Kaliummangels im Krankenhaus. Erscheint mir fast wie ein böses Omen - sie hatte zu wenig Flüssigkeitszufuhr.

Der Freund, mit dem ich am City Fest war und meine beste Freundin wollen heute Abend mit mir das Fasten brechen. Wir wollen in ein Türckisches Restaurant, das Defne heißt und hervorragende Mundpropaganda genießt. Als wir dort ankommen ist es bereits 20:10 Uhr - viel zu spät. Das Restaurant ist bereits voll und als wir hinein gehen sagt uns der Kellner, dass wir noch warten müssen, momentan sei alles reserviert. Da Iftar dann auch richtig gefeiert wird, werden vermutlich allzu schnell auch keine Tische frei. Beim hinausgehen sagt er, er könne uns in 15 Minuten einen Tisch geben, da hätte eben erst jemand gezahlt. Ich frage nach der Uhrzeit, da will er wissen, ob wir Ramadan machen. "Ich schon". Er bringt uns die Karte, damit er das Essen vorbereiten lassen kann und ich pünktlich zu meinem Mampfi komme - das ist so herzergreifend und nett, am liebsten möchte ich ihn umarmen. Wir sitzen draußen und betrachten die Karte und entscheiden uns alle für ein Türkisches Wok Gericht. Ich gehe hinein und er sieht mich an, winkt mich zu sich und redet ohne Unterlass - allerdings verstehe ich ihn nicht. Nach dem gefühlt 20. Satz wird mir klar: das ist Türkisch. "Entschuldigung - ich kann kein Türkisch..." Achso, meint er und fragt, was wir essen wollen, dann schüttelt er den Kopf und teilt mir mit, dass er das türkische Wok Gericht nicht so schnell vorbereitet bekommt und wir dann lieber wo anders hin gehen sollen. Sehr schade. Ich sage: "Ich habe ja noch acht Tage Zeit" und wir verabschieden uns.

Draußen teile ich den anderen beiden die schlechte Nachricht mit und wir beschließen, Richtung Stadt zu laufen. Auf Höhe der Brücke kommt mir die Idee, zum Griechen zu gehen, der direkt an der Ecke ist. Gesagt, getan. Es wird Griechisch auf Griechisch bestellt, mit zwei Deutschen gegessen und Muslimisches Fasten damit gebrochen - das nenne ich Multikulturell.

Der Hahn im Korb erzählt uns, dass es in NRW die Warschauer Allee gibt - das ist die A2. Diese Autobahn führt von Polen nach Porta Westfalica und wurde deswegen so genannt - weil ein Altherrenverein einst dem Verkehrsminister schireb, die Straße solle so genannt werden. Man stelle sich das nur einmal vor: ein Rudel von Greisen Köpfen langweilt sich und fordert eine Neubenennung der Autobahn mit rassistischen Tendenzen - es ging ja um die Gastarbeiterwelle damals.

Des weiteren heißt dort eine Ortschaft - ich schreibe es mal, wie es gesprochen wird - "Koschtet". Was haben wir gelacht. Steht ein Schwabe vor dem Ortseingang und sagt: "Kann i do nei?" - "S-koschtet!" Jegliche Wortwitze darf der gewillte Leser selbst eruieren. Und nun kommen wir zur Schreibweise: Costedt. Meine beste Freundin sagt: "Das wäre für den Briten hoch interessant" - brüllendes Gelächter.

Als wir gehen wollen, beginnt natürlich die Diskussion um Griechenland. Was ich gewählt hätte. Natürlich nein. Die beiden sind nicht begeistert und wir verfransen uns ein wenig in den politischen Irrgärten der noch bestehenden EU, verabschieden uns dann und begeben uns nach Hause. Das war ein schönes Iftar. Man hätte uns alle nach Hause rollen können.

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